Kommen wir nun zu den gängigsten Regeln innerhalb einer logischen Argumentation. Wir stellten bereits fest das eine logische Argumentation eine geregelte Interaktion ist, das heißt zwei oder mehr Argumentationsteilnehmer tauschen nacheinander Argumente aus, die bestimmten Ansprüchen genügen.
Zu aller erst sollte klar sein, dass keine Pflicht besteht an einer logischen Argumentation teilzunehmen. Logisch zu argumentieren äußert also ein Interesse an dem Gegenstand der Argumentation und meist auch an demjenigen, der sich zu diesem Gegenstand äußert. Mit jemanden zu argumentieren ist also ein Zeichen von Anerkennung, das heißt ich traue diesem Menschen zu das er logischen Argumenten zugänglich ist und attestiere ihm in der Frage um die es geht ein Mindestmaß an Kompetenz.
Kooperieren die Argumentationsziele der Argumentationsteilnehmer geht um eine allen bekanntes, klar umrissenes Thema, das sich am besten in einer kurzen Frage präzisieren lässt.
Beispiel:
a) Kommen wir ins Geschäft und unter welchen Bedingungen?
b) Ist der Mond aus grünem Käse?
c) Wer von uns beiden ist erfolgreicher?
Eine Argumentation wird in der Regel von einem Argumentationsteilnehmer eröffnet, in dem er die strittige Frage direkt oder indirekt anspricht. Ist diese Kernfrage in der es in der Argumentation geht für alle Teilnehmer einvernehmlich geklärt worden, sind also die Argumente ausgetauscht und das Ergebnis von allen bestätigt, ist die Argumentation auch beendet.
Haben sich die Argumentationsteilnehmer für eine Frage entschieden die mit einer logischen Argumentation auszufechten sei, so ist es erlaubt, jede Position zu dieser Frage einzunehmen und argumentativ zu verteidigen. Jede Position kann aber von allen Argumentationsteilnehmern hinterfragt werden und es dürfen Begründungen eingefordert werden. Das Verlassen des Themas wird in der Regel als Argumentationsabbruch gewertet.
Beispiel:
Erlaubt wäre für b) die Position: "Der Mond ist aus grünem Käse."
aber nicht: "Deutschland wir die nächste WM gewinnen."
Für gewöhnliche Fälle des logischen Argumentierens gelten fast immer folgende Regeln:
1) Keine Einschränkung der freien Rede, außer sie verstößt gegen die Regeln des logischen Argumentierens. Jemanden zu unterbrechen ist unzulässig.
2) Die Beweislast liegt bei dem, der eine Behauptung aufstellt. Auf legitime Nachfragen nicht zu reagieren ist unzulässig, genauso wie generell sich nicht zur Sache zu äußern oder herumzulavieren. Behauptungen sollten möglichst nicht mehrdeutig sein.
3) Meinungswechsel müssen begründbar sein, andernfalls sind sie unzulässig. Umgekehrt sind Unterstellungen von bestimmten Meinungen unzulässig, insbesondere dann wenn sie die Glaubwürdigkeit eines Argumentationsteilnehmers untergräbt.
4) In Frage gestellt werden kann die Gültigkeit eines Schlusses oder die Wahrheit einer Voraussetzung, alles andere ist unzulässig. Verständnisfragen sind jedoch möglich.
5) Das Hinterfragen einer bisher von allen Argumentationsteilnehmern angenommenen Tatsache bedarf einer Begründung, eröffnet also eine Argumentation innerhalb einer Argumentation. Daher ist dies zu unterlassen und sollte zu einem anderen Zeitpunkt stattfinden.
6) Eine wohlbegründete Argumentation zurückzuweisen ist unzulässig sowie überhaupt auf das Gesagte nicht einzugehen, genauso wie Behauptungen oder Fragen mehrmals zu wiederholen.
7) Eine logische Argumentation beruht auf freiwilliger Basis. Dennoch ist die vorzeitige Beendigung einer Argumentation zumindest zu begründen. Ist die Eingangsfrage für alle Parteien ausreichend geklärt, so ist die Argumentation regulär beendet.
Fällt es den Teilnehmern schwer sich an diese Regeln zu halten, ist die Hinzunahme eines Argumentationsleiters möglicherweise eine gute Idee, der die Einhaltung der Regeln überwacht und den einzelnen Argumentationsteilnehmern das Wort erteilt. Natürlich muss man sich nicht an diese Regeln halten, sie sind jedoch eine gute Basis um eine logische Argumentation überhaupt stattfinden zu lassen. Bei unkooperativen Verhalten kann davon ausgegangen werden, dass die Argumentationsteilnehmer unterschiedliche Vorstellungen von gültigen Argumentationsregeln haben werden. Jedoch ist es gesellschaftlich üblich, sich wenigstens scheinbar an die obigen oder ähnliche Regeln zu halten.
Beispiel:
A: Guten Tag, ich würde gern mit ihnen über mein Gehalt sprechen. (Argumentationsthema wird vorgeschlagen)
B: Schießen sie los (Argumentationsthema wird gewährt)
A: Ich halte eine Gehaltserhöhung für angemessen (Argumentationsfrage wird präzisiert und eine Position dazu eingenommen, erlaubt durch Regel 1)
B: Da bin ich aber anderer Meinung (Gegenposition wird eingenommen, erlaubt durch Regel 1). Warum sollten sie mehr Gehalt bekommen als bisher (Beweislast wird eingefordert, erlaubt durch Regel 4)?
A: Ich habe mich über die Maßen hinaus in allen mir bearbeiteten Projekten auch mit Überstunden eingesetzt, habe zusätzliche Kompetenzen erworben und bin in jeder Hinsicht zuverlässig gewesen (Begründung der Position, Erfüllung der Regel 2)
B: Es tut mir leid, ich kann ihnen nicht mehr geben (Fehler: Hier ignoriert B die von ihm geforderte Begründung der Gehaltserhöhung, Verstoß gegen Regel 6).
Ein Verstoß gegen die Argumentationsregeln ist ein Indiz, dass die Argumentationsziele der Argumentationsteilnehmer nicht miteinander kooperieren. Das ist auch dann häufig der Fall, wenn unterschiedliche Vorstellung der Regeln vorliegen. Es ist zu beachten, dass um gegen eine Regel zu Verstoßen auch eine Argumentation vorliegen muss. Lasse ich mich gar nicht auf das logische Argumentieren ein, so kann ich auch nicht gegen die Regeln verstoßen.
Zusammenfassung:
Das logische Argumentieren setzt das Einhalten bestimmten sozialer Verhaltensweisen voraus, sowie gewisse Sprechregeln, diese können variieren, sind aber oftmals ähnlich.
Übungen:
Wo verstoßen folgende Argumentation gegen die obigen Argumentationsregeln? Geben Sie die Argumentationsregeln an, nach denen die Dialogpartner sich äußern.
1)
A: Es ist möglich schneller als das Licht zu fliegen.
B: Woraus schließen sie das?
A: Genauso wie man die Schallmauer durchbrechen kann, ist es auch möglich schneller als Lichtgeschwindigkeit zu fliegen.
B: Diesen Vergleich kann ich nicht nachvollziehen.
A: Beweisen sie mir erst mal das Gegenteil! Genau in diesem Moment bewegt ich mit mehrfacher Lichtgeschwindigkeit durch eine andere Dimension.
2)
A: Sie haben ihre Schwester ermordet.
B: Ich war es nicht.
A: Sie wurden am Tatort gesehen.
B: Ich war es nicht.
A: Die Tatwaffe wurde bei ihnen gefunden
B: Ich war es nicht.
3)
A: Ich hätte gerne ein höheres Gehalt
B: Sie undankbarer Lümmel. Scheren Sie sich davon oder es gibt ein paar hinter die Ohren.
Lösung:
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