Eine Möglichkeit das logische Argumentieren zu betreiben ist es als Spiel zu begreifen. Dieser Ansatz ist naheliegend, da viele Spiele allein durch das Anwenden von Logik zu verstehen sind und wie die logische Argumentation auf geregelter Interaktion beruhen.
Beispiel:
Ein Schachspiel könnte als eine Argumentation einer Strategie gegen eine andere verstanden werden.
Andersherum ist, wie wir bereits festgestellt haben, die Alltagssprache und damit auch das Argumentieren innerhalb dieser Alltagssprache nicht eindeutig formalisierbar. Doch hinderte uns dies auch in vorherigen Lektionen nicht, nach bestimmten Regeln Ausschau zu halten, die wenigstens sehr häufig gelten.
Zu einem Spiel gehört ein Spielziel, Spielregeln und Mitspieler. In einer logischen Argumentation wären das Argumentationsziel, Argumentationsregeln und Argumentationsteilnehmer. Das Argumentationsziel kann verschiedenes sein. Wir gehen in diesem Kurs meistens nur von einem Argumentationsteilnehmer aus, aber es können durchaus mehr als zwei Personen an einer logischen Argumentation beteiligt sein. Hier eine Auswahl möglicher Argumentationsziele in einer logischen Argumentation:
a) Wir können unsere Position als vernünftig darstellen, in dem wir eine gültige Argumentation vorbringen und diese gegen Einwände verteidigen. Unser Ziel ist erreicht, wenn unsere Mitspieler keine vernünftigen Gegenargumente mehr finden.
b) Wir können sachlich über ein Problem diskutieren und nach konstruktiven Lösungen suchen. Unser Ziel ist erreicht, wenn alle Argumentationsteilnehmer der Lösung zustimmen.
c) Wir können beobachten auf welche Art und Weise die Argumentationsteilnehmer argumentieren und überprüfen die Gültigkeit ihrer Argumente. Unser Ziel ist erreicht, wenn wir ein realistisches Bild von dem Denken unserer Mitspieler bekommen.
d) Wir können Argumente konstruieren, um Argumentationsteilnehmer zur Kooperation mit unseren Zielen zu bewegen. Wir suchen solche, auf die meine individuellen Argumentationsteilnehmer ansprechen, d.h. wir überreden jemanden in dem wir zum Beispiel emotionale Aspekte in die Diskussion einbringen oder neutraler helfen ihnen zu verstehen. Unser Ziel ist erreicht, wenn wir die anderen Argumentationsteilnehmer unabhängig von ihren bisherigen Zielen umstimmen.
e) Schlussendlich können wir sogar drohen oder täuschen, dadurch, dass Abhängigkeiten ausgenutzt und Scheinargumente gut versteckt werden. Unser Ziel ist erreicht, wenn die anderen Argumentationsteilnehmer sich unserem Willen fügen und uns nicht auf die Schliche kommen.
Beispiel:
A: Ich möchte ein eigenes Auto.
B: Das können wir uns nicht leisten.
A: Du bist so egoistisch! Immer muss ich alles zu Fuß erledigen.
B: Wie wäre es mit einem Teilzeitauto?
Das Ziel von B war es wohl, das Problem sachlich zu behandeln und nach einer konstruktiven Lösung zu suchen (Argumentationsziel b). Das Ziel von A war es wahrscheinlich, B mit seinen Bedürfnissen zu konfrontieren und sich durch emotionale Ausbrüche durchzusetzen (Argumentationsziel d). Wenn Idee des Teilzeitautos die wesentlichen Bedürfnisse von A deckt, so ist eine konstruktive Lösung gefunden und beide haben ihr Argumentationsziel erreicht.
Fällt die Art wie A argumentiert unter logisch? Wenn A die Sätze gezielt einsetzt, um B in die gewünschte Richtung zu bewegen, so wäre das Verhalten von A durchaus logisch. Vielleicht ist sich A aber auch nicht vollständig bewusst, was seine Strategie ist. Ein Irrtum ist nie ausgeschlossen, schon möglich, dass A und B in Wirklichkeit ganz andere Argumentationsziele haben. Was die Ziele der Argumentationsteilnehmer angeht, so können wir stets nur mutmaßen, aber wir können (und sollten!) wohlbegründete Mutmaßungen finden. Wohlbegründet können unsere Mutmaßungen aber meist nur dann sein, wenn wir bereits ausreichend Argumentationserfahrung mit einem bestimmten Argumentationsteilnehmer gesammelt haben. Wir sollten bedenken das dieselbe Person in unterschiedlichen Argumentationen unterschiedliche Ziele verfolgen kann.
Unsere Argumentationsstrategie hat Einfluss auf die unserer Mitspieler und umgekehrt. Die Strategie ist wiederum von meinem Argumentationsziel abhängig. Wichtig ist in erster Linie um die Frage, ob das Ziel eines Argumentationsteilnehmers mit unserem kooperiert oder nicht. Dies ist oft nicht so einfach zu beantworten, oft findet man erst innerhalb einer Argumentation mehr über die Ziele der anderen Argumentationsteilnehmer heraus.
Beispiel:
A: Ich muss leider von ihnen fordern, sich nicht mehr weiter in diese Angelegenheit einmischen. Sollten sie sich weiter meinen Anweisungen widersetzen sehe ich mich gezwungen, rechtliche Schritte einzuleiten.
Trotz aller oberflächlicher Höflichkeit macht A hier klar das es ihm nicht um Kooperation geht, sondern um eine eindeutige Aufforderung, die mit einer Drohung untermauert wird (Argumentationsziel e). Nicht kooperatives Argumentationsverhalten finden wir oft in Wettbewerbssituationen (beispielsweise Wahlen) und ganz allgemein wenn Abhängigkeiten eine Rolle spielen (beispielsweise Verhandlungen).
Beispiel:
A: Abonnieren sie noch heute unseren Astrologieservice. Mit unseren Voraussagen sind sie immer auf der sicheren Seite!
Auch diese Werbung würden viele als unkooperativen Versuch sehen, abergläubischen Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen für quasi keine Gegenleistung (Argumentationsziel e, bestenfalls d). Wenn sie aber von den Fähigkeiten des Astrologieservice überzeugt sind, wären sie hier anderer Meinung.
Welches Ziel kooperativ ist und welches nicht ist immer eine Frage des eigenen Standpunktes und Argumentationszieles.
Sind ihre Ziele mit denen des Mitspielers in Einklang zu bringen geht es ihnen darum eine gemeinsame Basis zu schaffen, widersprechen sich ihre Ziele versuchen sie hingegen sich durchzusetzen, falls ihnen das Ziel wichtig genug ist. Es geht nicht darum generell einer Meinung zu sein, sondern nur inwieweit in der Sache über die gerade argumentiert wird Kooperation überhaupt möglich ist. Doch dies ist häufig schon Herausforderung genug:
Beispiel:
A: Der Wald sollte ein Naturschutzgebiet werden.
B: Nein, es sollte Bergbau betrieben werden.
Es ist unwahrscheinlich, dass hier eine Einigung gefunden werden kann. Man sollte die Existenz einer konstruktiven Lösung jedoch nie ausschließen, wenn sie auch manchmal auf den ersten Blick nicht zu sehen ist.
Beispiel:
Jemand, der immer widerspricht, könnte beispielsweise als Testperson für die Standhaftigkeit einer Argumentation dienlich sein. So etwas nennt man einen Advocatus Diaboli.
Sie mögen denken, dass die Einteilung der Argumentationsteilnehmer in kooperativ und unkooperativ einem archaischen Freund/Feind Schema gleicht. Jedoch ist dies gar nicht gegen die Person des Argumentationsteilnehmers gerichtet, sondern eine Beschreibung seiner Ziele im Verhältnis zu unseren.
Zusammenfassung:
Mit einer logischen Argumentation lassen sich viele unterschiedliche Argumentationsziele verfolgen. Beschreiben wir das logische Argumentieren als Spiel, so gibt es Argumentationsteilnehmer die mit meinen Zielen kooperieren und solche die dies nicht tun. Die Ziele der anderen Argumentationsteilnehmer haben einen Einfluss auf meine Strategie und umgekehrt. Die Ziele von anderen sind häufig nicht einfach zu erkennen.
Übungen:
Machen Sie eine Prognose über die Ziele folgender Personen und begründen Sie sie anhand der Äußerungen. Ist das Verhalten der Argumentationsteilnehmer kooperativ?
1)
A: Ich möchte mit euch heute in den Freizeitpark gehen.
B: Heute ist ein schlechter Zeitpunkt, sie sagen Regen voraus.
A: Aber wir haben schon so lange nichts mehr zusammen gemacht. Außerdem gibt es einen Preisnachlass für Gruppen. Und wenn es regnet, gehen wir eben in die überdachten Anlagen des Parks.
2)
A: Ich konnte gestern nicht kommen, da ich Tennis spielen war.
B: Eben sagten sie, sie haben seit einer Woche ein verstauchtes Handgelenk. Wie passt das zusammen?
3)
A: Ich würde ihnen in soweit entgegenkommen, dass ich ihnen 10% Rabatt anbiete.
B: Das ist zu wenig, dafür bekomme ich die Ware billiger im Onlineshop.
4)
A: Mich würde interessieren, was sie von Aussage X halten.
B: Ich halte von Aussage X nicht viel, aus Gründen Y und Z
Lösung:
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